
Den philosophischen Hintergrund des Tai Chi Chuan bildet der Taoismus mit dem von Lao Tzu verfassten Tao Te King als Basis. Man kann beruhigt Tai Chi Chuan praktizieren, ohne sich mit Taoismus beschäftigt zu haben. In einem fortgeschrittenen Stadium der Praxis ist es allerdings empfehlenswert, sich mit der taoistischen Gedankenwelt auseinanderzusetzen, um Tai Chi Chuan in seinem holistischen Ansatz umfassend verstehen zu lernen.

Der  Taoismus - von seiner Grundidee her - ist weniger als Religion, sondern eher  als eine Naturphilosophie zu verstehen, die das Verhältnis zwischen Mensch und  Natur in den Mittelpunkt stellt. Sie bringt zum Ausdruck, dass der Mensch Teil  der Natur ist und er somit nur im Einklang und im gegenseitigen Austausch mit  ihr langfristig leben kann. Die im Taoismus wurzelnde Geisteshaltung führt uns  dahin, verantwortungsbewusst zu handeln und die natürliche Ordnung der Dinge im  Verlauf unserer Existenz so wenig wie möglich zu stören.
Hier  wird ganz klar, wie sehr der Mensch durch seine heutige Lebensweise (Umwelt,  Energie, Medien, Konsum usw.) zu sich selber, d. h. zu seinen  Grundbedürfnissen in Widerspruch gerät. Die Beschäftigung mit der taoistischen  Philosophie hilft, sich der Einheit von Mensch und Natur wieder bewusst zu  werden.
Aus dieser Philosophie heraus wurden auch die Begriffe Yin und Yang geprägt, ebenso das Prinzip des nicht eingreifenden (absichtslosen) Handelns (Wu Wei).